WimmerkanalDer „Wimmerkanal" ein vergessenes Denkmalvon Heinrich
Vierlinger
Wer kennt den „Wimmerkanal", kaum einer. Der Verein
Pro-Nationalpark FRG möchte dieses Kulturdenkmal im unteren Bayerischen Wald wieder bekannter
machen und ab dem kommenden Jahr dort sogar Führungen anbieten.
Der Reichsdeputationshauptschluss (oft auch vereinfacht Säkularisation genannt) war das letzte bedeutende Gesetz des Heiligen Römischen Reiches. Es wurde auf der letzten Sitzung des Immerwährenden Reichstags am 25. Februar 1803 in Regensburg verabschiedet und trat mit der kaiserlichen Ratifikation am 27. April 1803 in Kraft. Dem Text lag ein im Juni 1802 zwischen Frankreich und Österreich vereinbarter Entschädigungsplan zugrunde, der auf dem 1801 geschlossenen Friedensvertrag von Lunéville fußte. Dieses Gesetz hatte auch unmittelbare Auswirkungen auf unsere Gegend, das reichsunmittelbare geistliche Fürstbistum Passau wurde nach über 600jährigem Bestehen aufgelöst und die Flächen östlich der Ilz dem Großherzogtum Salzburg-Toskana zugeschlagen. Die Stadt Passau und das Gebiet westlich davon wurden bayerisch. Der neue Landesherr, Großherzog Ferdinand,ein Habsburger, kam dadurch auch in den Besitz des damals bereits hochentwickelten Ilzer - Triftsystems. Die Sache hatte aber einen „Hacken", die Triftstrecke erreichte kurz vor Passau kurfürstlich bayerisches Gebiet. Somit musste man sich mit den bayerischen Behörden vertraglich über Anlande, - Lager -und Stapelrechte des Schwemmholzes in der nun bayerisch-passauischen Ilzstadt einigen. Da die bayerische Regierung diese nicht zugestehen wollte, brauchte man eine Alternative. Als Lösung des Problems bot sich der böhmische Freiherr von Wimmer, K. u. K. Oberst und Besitzer der Herrschaft von Groß-Zdikau (Nähe Winterberg) im angrenzenden Böhmen an. Er begann auf eigene Kosten und Risiko und mit Hilfe von 1000 Mann österreichischem Militärs den Bau eines triftfähigen Schwemmkanals, dessen Spuren noch heute im Nationalparkvorfeld im Raum Finsterau bis Grainet zu sehen sind(siehe beigefügte Karte) .Sämtliche Bachoberläufe des Ilzer -Triftsystems vom Reschbach nach Osten sollten durch diesen Kanal zusammengefasst und über die Erlau (unter Umgehung des bayerischen Gebiets am Ilzunterlauf) zur Donau geleitet werden. Als Vorbild dienten wohl zwei bereits fertige bzw. im Bau befindliche Schwemmkanäle auf fürstlich- schwarzembergischen Gebiet im Böhmerwald, der Chinitz-Tettauer -Schwemmkanal an der Widra (Vydra) und der Schwarzenbergische Schwemmkanal im südlichen Böhmerwald. Beide Bauwerke ließ der geniale Forstingenieur Josef Rosenauer im Auftrag des Fürsten Josef Johann erbauen. Als das ehrgeizige Projekt im Jahr 1805 kurz vor seiner Fertigstellung war, wirkte sich ein Kriegsereignis von europäischer Tragweite - die Schlacht bei Austerlitz am 02.Dezember 1805 in der Nähe von Brünn in Mähren (auch Drei-Kaiser-Schlacht genannt)- sogar unmittelbar im unteren bayerischen Wald aus. Da Kaiser Napoleon I. aus dieser blutigen Auseinandersetzung als Sieger hervor ging , verlor Österreich im Frieden von Pressburg (Bratislava) am 25.12.1805, u.a. das Großherzogtum Salzburg-Toskana an Bayern. Die Arbeiten am Schwemmkanal wurden eingestellt, das Bauwerk verfiel. Da es bei den Grundbesitzern dieser Gegend sowieso nicht beliebt war, begannen die Bauern es wieder zu verfüllen. Nur in den Wäldern haben sich größere Strecken über längere Zeit, teils bis heute erhalten. Als „Wimmerkanal „ ging es in die Geschichte ein, ist aber in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht bekannt. Der Wimmerkanal wartet darauf, aus seinem
Dornröschenschlaf erweckt zu werden!
Kartenausschnitt von Wolfgang Bäuml NPV-Bayerischer Wald
Der Wimmerkanal bei Annathal,Foto: Martin Stadler |
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