Wimmerscher Triftkanal

Auf den Spuren des Wimmerschen Triftkanal
von Jens Schörnich

Von Jens Schörnich Freyung. In den Wäldern zwischen Mauth, Hinterschmiding, Grainet und Jandelsbrunn verbirgt sich ein 210 Jahre altes, technisches Denkmal, das seinesgleichen in ganz Bayern sucht. Es sind Teilstücke eines einstmals 50 Kilometer langen Schwemm- oder Triftkanals, der vom Reschbachtal bis zur Erlau bei Jandelsbrunn verlaufen sollte. Der Wimmersche Kanal oder "Kanei", wie er von den Einheimischen genannt wurde, ging jedoch nie in Betrieb. Heute ist dieses Meisterwerk der Ingenieurkunst nur noch wenigen bekannt. Dem wirkt der Verein Pro Nationalpark entgegen. Mit Vorträgen und Exkursionen will er den Kanal bei der Bevölkerung in Erinnerung rufen. "Ich sehe, dass Interesse am Kanal ist ungebrochen", freut sich Vorstand Max Greiner bei der Begrüßung der über 30 Teilnehmer in Oberseilberg. "Das motiviert uns. Wir werden weitere Führungen anbieten". Die Wanderinnen und Wanderer brauchten bei wunderschönen, frühwinterlichen Wetter ihr Kommen nicht bereuen. Das Pro-Nat-Team Martin Stadler, Heinrich Vierlinger, unterstützt vom Oberseilberger Leopold Hackl bot ihnen eine kurzweilige Wanderung mit Geschichte, wunderschöner Natur, einem geheimnisvollen Erdstall und uralten Felszeichnungen. Im Mittelpunkt stand der "Kanei". Laut Stadler ist er rund um Oberseilberg am besten erhalten. "Natürlich wandern wir hier auch durch den landschaftlich schönsten Teil", meinte der Hinterschmidinger verschmitzt. Während in anderen Streckenteilen nur noch Fragmente zu sehen sind, ist der Wimmersche Kanal hier über viele Kilometer original erhalten. Und das, obwohl der Bau bereits im Jahr 1805 eingestellt wurde und nie eine Trift stattfand. Warum wurde der Kanal gebaut? Im Zuge der Säkularisation wurde das Fürstbistum Passau 1803 aufgelöst und in Teilen dem Großherzogtum Salzburg-Toscana zugeschlagen. So kam der neue Landesherr auch in den Besitz der Ilzer Trift. Die Stadt Passau und das Gebiet westlich davon wurden allerdings bayerisch. Da die Triftstrecke kurz vor Passau nun über bayerisches Gebiet verlief, musste man sich einigen. Die Bayern stellten sich jedoch quer. Der böhmische Oberst, Freiherr Jakob von Wimmer, Besitzer der Herrschaft Groß-Zdikau, an der Grenze bei Finsterau gelegen, bot seine Hilfe an. Er begann mit Unterstützung von 1000 österreichischen Soldaten den Bau eines Schwemmkanals. Wie man mit solchen, für uns heute primitiven Mitteln, so ein Bauwerk errichten kann, darüber staunten die Teilnehmer der Exkursion. Auf einer Länge von exakt 49,96 Kilometer hat der Kanal ein Gefälle von 0,26 %, also 132 Meter Höhendifferenz. So gut wie im Bereich Oberseilberg ist die "händisch", in mühevoller Arbeit in Fels und Erde geschlagene Trift, nirgends erhalten. Deutlich sind im Fels die Bohrlöcher zu sehen. Sehr gut zu erkennen ist ein aus Natursteinen gebautes Aquädukt, dass den Glaserbach überquert. In der Nähe birgt der Kienzelberg, nördlich Oberseilberg, noch ein Geheimniss. Nach dem Marsch auf einem unmarkierten Waldpfad gelangt man zu einem geheimnisvollen Erdstall, der Dachsschleif. Leopold Hackl ist schon hinein gekrochen. Ziemlich eng geht`s zu. Platzangst darf man nicht haben. "Er geht tief in den Berg hinein. Links und rechts sind zahlreiche Nischen. Nur mit Hilfe einer Leiter kommt man dann auf einen Absatz", erzählt er. Nicht weit davon führt Martin Stadler die Gruppe zu einem mächtigen, leicht überhängenden Granitfelsen. Er ist mit Felszeichnungen versehen. "Keine Risse, sondern uralten Zeichnungen", versucht er auch die Skeptiker zu überzeugen. Das hat ihm Mythenforscher Jakob Wünsch, der sich seit Jahrzehnten mit diesem Phänomen befasst, bestätigt. Auf den Wiesen wurde der Kanal schon längst zugeschüttet. Leider wird er auch im Wald immer mehr zweckentfremdet. Sogar mit alten Autoteilen und sonstigen, illegal entsorgten Müll wird die tiefe Rinne befüllt. Schade, dass dieses historische Bauwerk damit so verschandelt wird. Wie im Flug vergeht die rund vierstündige Wanderung rund um Oberseilberg. "Ein tolle Sache. Davon wollen wir mehr sehen und darüber mehr hören", waren sich die Teilnehmer einig. "Der Wimmerkanal wartet darauf, aus seinem Dornröschenschlaf erweckt zu werden", so die Devise von Pro-Nationalpark. Ein weiterer Schritt ist gemacht. Die Fortsetzung folgt im nächsten Jahr. Dann wird man die Strecke im Raum Annathal erkunden.

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Martin Stadler zeigt auf Bohrerspuren

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Aquaeduktreste über den Glaserbach,Fotos:Schörnich 
 


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